Stellungnahme zum Entwurf des BMF zur ertragsteuerlichen Behandlung von virtuellen Währungen

by | Jul 20, 2021 | news, Regulation&Taxation, Staking, Working Groups | 0 comments

Please find an English version here

1. Einleitung 

Die European Blockchain Association (EBA) unterstützt das Vorhaben des BMF, Klarheit für die Besteuerung von virtuellen Währungen und Token zu schaffen. Eine sinnvolle und nachhaltige Besteuerung ist aus Sicht der EBA ein wichtiger Bestandteil einer nachhaltigen und funktionierenden Blockchain Strategie. Die vorgeschlagene steuerliche Bewertung, speziell des Stakings, widerspricht aus Sicht der EBA allerdings grundlegend der Blockchain-Strategie der Bundesregierung und gefährdet direkt die Attraktivität des Blockchain-Standortes Deutschland. Die Verlängerung der Haltefrist auf zehn Jahre von virtuellen Währungen, die am Staking-Prozess teilnehmen, gefährdet dazu indirekt die Sicherheit der Netzwerke. Die Proof-of-Stake Working Group der EBA nimmt hierzu wie folgt Stellung: 

2. Technische Relevanz des “Stakings” 

Wie das BMF in seinem Schreiben richtig erkennt, ist das sog. Staking essenzieller Bestandteil des Konsensus-Mechanismus, also der Basistechnologie, für “Proof-of-Stake” (PoS) Blockchains und die darauf basierenden Entwicklungen. Virtuelle Währungen, die am Staking-Prozess teilnehmen, erfüllen eine für die Sicherheit der Netzwerke essenzielle Aufgabe, nämlich die finanzielle Absicherung des aktuellen Standes des Netzwerkes. Je mehr virtuelle Währungen im Staking-Prozess aktiv sind, desto verlässlicher und sicherer ist somit der aktuelle Stand der Blockchain. Sind in einem Netzwerk also durch eine schlechte Incentivierung 50% weniger virtuelle Währungen im Staking gelockt, bedeutet das direkt, dass ein potentieller Angriff auf ein Netzwerk um die Hälfte günstiger geworden ist. Eine hohe Partizipation sollte somit incentiviert werden, um die öffentliche Infrastruktur zu schützen und auch die auf der Technologie basierenden Entwicklungen. 

Laut der Blockchain Strategie der Bundesregierung sollen zudem 

ressourcenschonende Blockchain-Netzwerke gefördert werden, die vorgeschlagene steuerliche Bewertung des Stakings würde dieser Aussage entgegenstehen. 

EUROPEAN BLOCKCHAIN ASSOCIATION 

Dr. Michael Gebert, Michael Reuter, Kent Gaertner 

Office: Berlin Office: München Telefon: + 49 (0)30 3030 8089 15 Potsdamer Platz 5 Oskar-von-Miller-Ring 36 E-Mail: info@eublas.org 10785 Berlin 80333 München www.eublas.org

Die Verlängerung der Haltefrist gefährdet mithin nicht nur die Sicherheit der Netzwerke sondern auch die Attraktivität der um ein Vielfaches weniger energieintensiven Proof-of-Stake Netzwerke1

3. Anlegerschutz & Incentivierung zur Spekulation 

Das freie Halten der Token und somit das Spekulieren auf steigende Preise wird durch den Vorschlag des BMFs zusätzlich incentiviert, denn die Spekulationsfrist bleibt nach dem Vorschlag bestehen. Die Erweiterung der Haltefrist, sowie die aus dem Staking entstehende Steuerlast machen die verhältnismäßig geringen Einnahmen in Form von Staking- Rewards unattraktiv. Aus Sicht der EBA ist der Wunsch nach einer Besteuerung der Erträge aus dem Staking grundsätzlich nachvollziehbar, allerdings darf eine Besteuerung keine Auswirkung auf den hinterlegten Stake haben, um die Attraktivität des Stakings und somit die Sicherheit der Netzwerke nicht zu gefährden. Die Verlängerung der Haltefrist auf zehn Jahre im Rahmen der aktuell rasanten Entwicklungszyklen stellt im Blockchain-Sektor einen unverhältnismäßig langen Zeitraum dar. 

Die vom BMF vorgeschlagene Auslegung der aktuellen Gesetzeslage gefährdet weiterhin Anleger und Investoren, sowie Unternehmen und Entwickler, die auf der Basisinfrastruktur von PoS-Blockchains entwickeln. Die grundlegende Infrastruktur der Netzwerke würde im Zweifel nicht ausreichend geschützt werden. Aus Sicht der EBA muss das BMF die technische Relevanz des Stakings und die Unterscheidung zu klassischen finanziellen Einnahmequellen wie “Lending” und “Borrowing” klar definieren und auch steuerlich unterschiedlich betrachten. Eine rein steuerliche Betrachtung kann jedoch aufgrund der technischen Relevanz der Prozesse nicht genügen. 

Das BMF bewertet Einnahmen aus dem Staking als Einkunftserzielung durch die Nutzung privater Wirtschaftsgüter. Im Gegensatz etwa zum Vermieten von Containern, dem Standardfall der Einkunftserzielung durch die Nutzung privater Wirtschaftsgüter, liegt der Zweck von Staking aber in der Sicherstellung der Netzwerksicherheit. Hierfür erhalten die Teilnehmer eine Gegenleistung, ohne welche die notwendige Anreizwirkung (Incentivierung) nicht gegeben wäre. Die Ratio der Verlängerung der Spekulationsfrist auf zehn Jahre passt damit nicht und es ist höchst fraglich, ob die Entscheidung des BMF einer gerichtlichen Überprüfung standhalten würde.

Kurzum: Durch eine Verzehnfachung der Spekulationsfrist wird das Staking für Teilnehmer unattraktiv, denn ihnen wird die Möglichkeit zur steuerfreien Veräußerung von Kryptowerten nach einem Jahr genommen. Durch eine reduzierte Zahl an Teilnehmern, die Staking betreiben, sinkt in der Folge die Sicherheit der Blockchain-Netzwerke. Die durch die Bundesregierung und den Bundestag gesteckten Ziele, die Blockchain in Deutschland insbesondere im Finanzsektor (Kryptowerte, Kryptowertpapiere) zu etablieren, können damit nicht erreicht werden. 

4. Potentielle Auswirkungen auf den Wirtschaftsstandort Deutschland 

Die Bundesregierung hat mit Ihrer Blockchain-Strategie und dem Gesetz zu digitalen Wertpapieren einen wichtigen Schritt zur Förderung des Blockchain-Standortes Deutschland geschaffen. Wie oben beschrieben, gefährden die Auslegungen des BMF diese Ziele direkt, da die Bereitstellung der Sicherheit der Infrastruktur durch die steuerliche Auslegung gefährdet wird. Aus Sicht der EBA muss eine detaillierte, innovative und vor allem umsetzbare Steuerstrategie essenzieller Bestandteil eines innovativen Blockchain-Standorts Deutschland sein. Dieser Anforderung wird das vorliegende Entwurf nicht gerecht und schafft, im Gegenteil, wirtschaftliche Nachteile sowohl für Anleger als auch Unternehmen und Entwickler der Branche. 

Die vorgeschlagene steuerliche Bewertung von virtuellen Währungen durch das BMF ist aus Sicht der EBA ein klarer Rückschritt in dieser Strategie und wird im Zweifel einen erheblichen Schaden für den Blockchain-Standort Deutschland bedeuten. 

5. Begrifflichkeiten & Dokumentationspflichten 

Die vom BMF verwendeten technischen Begriffe, wie zum Beispiel das “Cold Staking” sind Begriffe, die in der Branche nicht geläufig sind. Des weiteren werden gängige Unterscheidungen zwischen PoS, “delegate Proof of Stake”(dPoS), Master Nodes und Validatoren, nicht weiter erläutert. Des Weiteren sind 

Dokumentationspflichten für Anleger teilweise gar nicht beschrieben oder andernfalls mit unverhältmäßigem Aufwand verbunden. Eine Überprüfung der Dokumentation durch die Finanzämter scheint nahezu unmöglich und in keinem Verhältnis zu den steuerlichen Einnahmen, die durch das Staking anfallen.

6. Handlungsvorschläge 

Die EBA möchte sich nochmals für eine sinnvolle und nachhaltige Besteuerung von Kryptowerten aussprechen. Aus Sicht der EBA sollte das BMF die Partizipation am Staking-Prozess steuerlich incentivieren, da die Partiziaption am Staking sowohl die 

Sicherheit der Netzwerke fördert, als auch eine energieschonende Alternative zum Proof of Work Konzept (Mining) darstellt. 

7. EBA Proof of Stake Working Group Mitglieder 

● Agile Ventures s.r.o.(Happy Tezos) 

● Blockdata GmbH (stakingrewards.com) 

● Chorus One AG

● Cryptium Labs GmbH 

● Datarella GmbH 

● DOKIA CAPITAL SRL 

● Interchain Foundation 

● IOTA Foundation 

● nexantic GmbH (certusone) 

● Staking Facilities GmbH 

● Staking Team 

● vDL Digital Ventures GmbH 

*https://medium.com/tqtezos/proof-of-work-vs-proof-of-stake-the-ecological-footprint-c58029faee44